Das Jahr der Sperlingskäuze in meinem Revier ist ein eher trauriges. Nachdem ich erst zu Ostern eine Bruthöhle fand und die schönste Zeit die Sperlingskäuze zu fotografieren bereits vorbei war, freute ich mich über sieben Eier, die die Rekordbrut vom letzten Jahr knapp erreichte. Es waren andere Vögel, die das letztjährige Revier meines beringten Sperlingskauzes, jedoch eine andere Höhle übernommen hatten. Die Brut verlief normal und so freute ich mich, als ich am 14.05. eine hinausgeworfene halbe Eierschale vor dem Höhlenbaum sehen konnte.

Einen Tag später konnte ich mit der Höhlenkamera sechs junge Sperlingskauzküken zählen. Als ich erst nach vierzehn Tagen die nächste Gelegenheit fand, meine Sperlingskäuze zu besuchen, wunderte ich mich, dass nur wenig Auswurf an Feder- und Mausresten vor dem Höhleneingang lagen. Das Weibchen hielt sich zudem ungewöhnlich lange in der Höhle auf. Ich erschrak, als ich in die Höhle schaute:

Nur ein Sperlingskauz schaute in die Höhlenkamera. Was war geschehen?

Als mögliche Gründe für den fast Totalverlust der Brut kommt Nahrungsmangel, oder ein Virus in Frage, an dem die jungen Sperlingskäuze erlegen sind. Sind sie erstmal tot, werden sie von den Verbleibenden als Beute angesehen und verspeist. Es kommen aber auch Prädatoren, wie das Eichhörnchen oder ein Mauswiesel in Frage. Den Marder schließe ich aus, denn der kommt lediglich mit seien langen Pfoten in die Höhle, diese aber war tief genug.

Als ich heute Morgen in den Wald aufbrach, hörte der Regen gerade auf. Ich setzte mich in Sichtweite der Höhle und wartete. Erst nach zwei Stunden entdeckte ich das Weibchen, das in einer Fichte in Sichtweite des Höhlenbaums saß. Sie flog die Höhle mit einer nicht mehr sehr appetitlich aussehenden, schon vor einigen Tagen geschlagenen Meise an.  Erst eine halbe Stunde später verließ sie die Höhle, jedoch war vom einzigen verbliebenen Jungvogel nichts zu sehen. Ich war schon drei Stunden im Wald, als ich plötzlich in sechs Metern Entfernung in einem Reisighaufen auf dem Boden liegend einen abgebrochenen Fichtenast entdeckte, auf dem die Bruchstelle aussah, als säße dort ein Sperlingskauz. Schlank und etwas zauselig, aber da sich das Objekt nicht bewegte, dachte ich an eine optische Täuschung meiner nicht mehr allerbesten Augen. Auch als ich aufstand, bewegte sich der Ast nicht – wie soll er auch, doch als ich noch näher kam, traute ich meinen Augen nicht! Dort saß ein pudelnasser junger Sperlingskauz und schaute mich mit traurigen Augen an.  Ich konnte ihn in aller Ruhe fotografieren und erst nach einer halben Stunde, flatterte er unbeholfen knapp über den Boden einige wenige Meter und blieb auf dem Waldboden sitzen. Dieses Spiel wiederholte sich einige Male, jedoch reichten seine Flugfähigkeiten nicht, um auf einen sicheren Baum zu gelangen. Hier konnte er unmöglich bleiben und ich beschloss ihn in die sichere Dickung zu setzen, wo er Schutz von oben findet und in der Nacht nicht sofort den Prädatoren auf dem Boden ausgeliefert ist. Er schaute mich nur mit seinen großen Augen an, als ich ihn aufhob, klapperte zweimal mit dem Schnabel, was typisch ist für junge Eulen, die sich in Gefahr wähnen und blieb dort sitzen, wo ich ihn hinsetzte bevor ich den Heimweg antrat. Das Weibchen war  während der gesamten Zeit in Sichtweite und schaute zu. Ich hoffe er übersteht die Nacht und die nächsten Tage.

Sperlingskauz